Die Bibliothek der Halle 14

Streifzüge in Bibliotheken 1

Als Studenten der Bibliothekswissenschaft verschlägt es einen zuweilen an ganz besondere Orte. Ein Katalogisierungsprojekt führte mich in eine Kunstbibliothek im Westen Leipzigs.

Dort befand sich einst eine der größten Baumwollspinnereien Europas. Über hundert Jahre sind die riesigen backsteinroten Hallen inzwischen alt, die sich auf dem fast zehn Hektar großen Gelände der Spinnerei befinden.  Wo einst Baumwolle produziert wurde, sprießen heute Kunst und Kultur. Neben 12 Galerien haben sich vor allem unzählige Künstler, aber aber auch (Kunst-)Handwerker, Händler, Verlage und Drucker hier angesiedelt.

Eine der großen Hallen trägt die Nummer 14 (www.halle14.org), und beherbergt die Bibliothek von der wir heute berichten. Die Halle 14 versteht sich als unabhängiges und nichtkommerzielles Kunstzentrum. Im Mittelpunkt der Arbeit stehen Ausstellungen zeitgenössischer Kunst. Darüber hinaus wird ein Kunstvermittlungsprogramm angeboten, das sich mit Workshops, Kursen und Ferienangeboten vor allem an Kinder und Jugendliche richtet. Außerdem wird internationalen Künstlern im Rahmen eines Studienprogramms die Möglichkeit gegeben, vor Ort an ihren Projekten und Ideen zu arbeiten.

Somit wurde hier ein Ort geschaffen, an dem Kunst sowohl produziert, als auch ausgestellt und vermittelt wird.
Die Wände des alten Gebäudes wurden größtenteils im ursprünglichen Zustand belassen, wodurch eine authentische Atmosphäre entsteht.

Die Bibliothek

Beim Betreten des Gebäudes fällt der Blick schnell auf eine ansehnliche Büchersammlung: die Bibliothek der Halle 14. Hier wird Literatur gesammelt, die sich mit zeitgenössischer Kunst befasst, seien es Ausstellungskataloge, Kongressberichte, kunstwissenschaftliche Publikationen oder Artzines.
Derzeit umfasst der Bestand rund 25.000 Bücher und Medien in den verschiedensten Sprachen und aus allen Ecken der Welt.

Der Ursprung dieser Sammlung liegt im Jahr 2003. Damals übergab das Münchner Büro für Gestaltung wortundform rund 13 Tonnen geretteter Kunstliteratur als Dauerleihgabe an die Halle 14.

Der Münchner Kunstmäzen (und Initiator der Halle 14) Karsten Schmitt und wortundform wollten eine nichtkommerzielle Nutzung der Sammlung und ihre sichere Verwahrung ermöglichen. Dafür war die damals noch unsanierte Halle 14 zunächst wenig geeignet, denn das Dach war undicht und die Räume waren nicht beheizt. So wurden verschiedene, auch originelle Ansätze, für die Nutzung der Sammlung angedacht, etwa eine durch die Bundesrepublik reisende Kunstsammlung.

Jährlich kamen mehrere Tausend neuer Bände hinzu, und der Wunsch verstärkte sich, die schnell wachsende Sammlung zugänglich zu machen. So wurde 2006 der konzentrierte Aufbau und die Erschließung der Bestände angegangen, und auch das Gebäude wurde nun saniert und ausgebaut.

Im Jahr 2009 konnte die Bibliothek dann in das neu gebaute Besucherzentrum im Erdgeschoss umziehen und steht seitdem für die Besucher der Halle 14 zur Verfügung.
Die Sammlung ist schon jetzt zu einem großen Teil im Onlinekatalog recherchierbar und wird stetig weiter katalogisiert. Dies geschieht (wie eingangs bereits angedeutet wurde) in Kooperation mit Studenten der Bibliothekswissenschaft der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur.

Katalogisieren mag gemeinhin nicht für die spannendste Tätigkeit gelten. Während meines Projekts empfand ich es jedoch als bereichernd, mit den großartigen Beständen dieser Sammlung in Berührung zu kommen. Im Kunstbereich wird das Medium Buch oft besonders originell umgesetzt. Ausgefallene Einbände und Formate und oft eine sehr wertige Ausstattung, machten die sonst oft nüchterne Katalogisierungsarbeit zu einer interessanten Erkundungsreise durch die Kunst der Gegenwart.

Die Bibbliothek der Halle 14 beschränkt sich allerdings nicht nur auf das Sammeln von Medien, sondern initiiert auch eigene Kunstprojekte und dient als Ort für Lesungen, Buchpräsentationen und Vorträge. Außerdem wirkt sie aktiv bei der Ausstellungsarbeit der Halle 14 mit. So werden passende Werke zu den aktuellen Ausstellungen gesondert aufgestellt und erweitern den Blick auf das entsprechende Thema.

In vergangenen Jahr wurde der Gedanke der mobilen Kunstsammlung wiederaufgenommen und es entstanden einzelne Module, die auf Reisen geschickt werden können. Diese sollen die Bibliothek nach außen repräsentieren.

Eine weitere Besonderheit ist das Archiv der Spinnereikünstler. Künstlerinnen und Künstler, die auf dem Gelände der Spinnerei tätig sind, erhalten hier eine eigene Archivbox. Diese Boxen werden nach und nach gefüllt mit Katalogen, Presseartikeln und Ausstellungsflyern, sowie besonderen Sammelobjekten. Bei Letzteren kann es sich zum Beispiel um einen benutzten Pinsel oder auch um eine selbst gestaltete Streichholzschachtel handeln. 

Monique Erlitz ist die Leiterin der Bibliothek. Sie studierte Germanistik und Allgemeine Sprachwissenschaften an der Universität Leipzig und arbeitet seit 2009 in der Halle 14. Wir haben sie gefragt, was das Besondere an der Arbeit in der Halle 14 ist:

„Die HALLE 14 als national und international wahrgenommenes Zentrum für zeitgenössische Kunst ist mit ihren wechselnden internationalen Gruppenausstellungen, der einzigartigen Kunstbibliothek sowie dem Kunstvermittlungs- und den Ateliers in der 1. Etage ein lebendiger Kunstort innerhalb des Kunstkosmos Leipziger Baumwollspinnerei. Das kreative Umfeld, sowie die Arbeit mit der Bibliothek und ihrem einzigartigen Bestand, genauso wie die Begegnungen mit internationalen Gästen, Kunstschaffenden und Kreativen machen die Arbeit in der HALLE 14 täglich aufs Neue facettenreich und spannend. Dabei ist es immer wieder motivierend und animierend zu sehen, wie begeistert die Menschen von der Bibliothek und ihren Publikationen sind, wie sie im Bestand stöbern, recherchieren, sich inspirieren oder sich überraschen lassen“

Die neue Ausstellung "Königreich Paradies" wird am 23. Februar eröffnet und befasst sich in Filmen, Installationen und Liedern verschiedener Künstler mit dem deutschen Frühaufklärer und Sozialutopisten Christian Gottlieb Priber (1697-1754?).  Eine gute Gelegenheit, um die Halle 14 und ihre großartige Bibliothek kennenzulernen.

 

DruckenE-Mail

Service für Bibliotheken Archive

Veröffentlichen Sie Ihre eigenen Beiträge und Veranstaltungshinweise auf der Startseite dieses Portals oder schreiben Sie eine Rundmail an alle Bibliotheken und Archive.
Mehr erfahren

Rundmail an alle Bibliotheken und Archive

Der Rundmail-Verteiler ist eine Mailingliste für Bibliotheken und Archive in der Stadt Leipzig.

Mehr erfahren

Veranstaltungen im Kalender eintragen

Melden Sie uns Ihre Veranstaltungen oder Ausstellungen für den Veranstaltungskalender!
(Login erforderlich)

Melden...